Maria Dimitirjewna T., geb. 22.7.1924, deportiert im Juni 1942 (Haushaltshilfe und Kindermädchen in der Familie eines Arztes, nach Misshandlung durch die Hausfrau Reichsbahn)

Maria Dimitrijewna T., geb. am 22. Juli 1924 in Rostow am Don, wurde im Juni 1942 aus der ukrainischen Stadt Bolschoj Tokmak von bewaffneten Deutschen in einen Güterzug gezwungen und nach Deutschland deportiert. Dort arbeitete sie in der Arztfamilie, die sechs Kinder im Alter von 12 Jahren bis 1 Jahr hatte. Sie musste allein das gesamte 18-Zimmerhaus putzen, die Wäsche waschen und das Essen vorbereiten. "Ich wurde um 5 Uhr geweckt und bin um 24 Uhr ins Bett gegangen", schrieb sie. Sie hatte einen freien Tag im Monat, an dem dann statt ihrer eine deutsche Frau kam. Für ihre Arbeit bekam sie monatlich 20 Mark Lohn und war dafür den Launen und Angriffen der Hausfrau ausgesetzt, die so weit gingen, dass diese eines Tages eine Flasche auf Marias Kopf zerschlug. Die Wunde war so groß, dass sie in der Klinik von dem für die "Ostarbeiter" zuständigen Arzt Dr. N. genäht werden musste. Die Familie war im September 1943 wegen Bombenangriffe auf Berlin nach Göttingen gezogen und der Angriff ereignete sich schon in Göttingen. Aus dem Krankenhaus kam Maria nicht mehr zurück in die Arztfamilie, sondern zur Reichsbahn, wo sie - nach eigener Aussage - am Hebekran arbeitete. Dort traf sie auf einen deutschen Meister, der sie gut behandelte. Am Wochenende nahm er sie mit nach Hause in sein Heimatdorf (er wohnte etwa sieben km von Götingen entfernt), wo sie Haushalt half.

Maria berichtete auch von einer Infektionsepedimie im Lager (sie war wahrscheinlich im Lager auf der Masch untergebracht), das sie auf eine absichtliche Vergiftung zurückführte: "Im Lager gaben sie uns einmal vergiftetes Essen. Viele Menschen starben. Ich war einen Monat krank. Der ganze Körper war mit Wunden bedeckt und geschwollen. Man rieb uns mit einer schwarzen Salbe ein." Die beschriebenen Symptome könnten sowohl auf Fleckfieber als auch beispielsweise auf Krätze deuten. Da Fleckfieber meldepflichtig war und keine Fleckfieberfälle im Lager Auf der Masch ebensowenig aktenkundig geworden sind, wie eine Häufung von Todesfällen 1944 ist Krätze oder eine ähnliche Hauterkrankung am wahrscheinlichsten.

Wieder zurück in der Sowjetunion musste Maria Dimitrijewna fünf Verhöre des KGB über sich ergehen lassen, ehe man sie endlich in Ruhe ließ.

Maria Dimitrijewna T. 1942

Maria Dimitrijewna T. mit den ihr anvertrauten Kindern, 1942 in Berlin (das Mädchen ganz rechts ist eine Nachbarin).

Maria Dimitrijewna T. 1942

Mit dem jüngsten Kind der Familie.



Quellen:

Fragebogen Maria Dimitrijewna T., geb. 22. Juli 1924, ohne Datum (Eingang 8.2.2001), mit Fotos, Stadtarchiv Göttingen, Sa. 32- Sammlung Tollmien, Korrespondenz und Foto-CD.

Einwohnermeldekarte, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnermelderegistratur.

 


 Impressum