NS-Zwangsarbeit: Begriff "Zwangsarbeiter"

Die Begriffe "Zwangsarbeit" und "Zwangsarbeiter" sind nicht zeitgenössisch und werden in der Forschung zur NS-Zwangsarbeit nach wie vor nicht ganz einheitlich verwendet. In Anlehnung an eine von der Historikerkommission der Republik Österreich im Jahre 2000 vorgenommenen Begriffsdefinition wird hier unter "Zwangsarbeit" ein Arbeitsverhältnis verstanden, das durch einen außerökonomischen Zwang zur Arbeit gekennzeichnet ist, also dadurch, dass ein Mensch unabhängig von seinem Beruf und seinen Fähigkeiten allein aufgrund seiner Herkunft (national, ethnisch oder religiös) zur Arbeit gezwungen wurde.
Spezifisch für die Zwangsarbeit sind arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen, die eine definierte Gruppe von Personen nicht nur bei Strafe zur Arbeit zwangen, sondern sie im Vergleich zu inländischen Arbeitskräften massiv diskriminierten. Dies traf neben den deutschen Juden ausländische Arbeiter aus ganz Europa, die aus ihrer Heimat in das Deutsche Reich verschleppt oder - wenn sie zunächst freiwillig gekommen waren - in Deutschland für eine unbestimmte Zeitdauer festgehalten wurden und dabei keinen oder keinen nennenswerten Einfluss auf die Umstände ihres Arbeitseinsatzes hatten.

"Zwangsarbeit" ist von den Arbeitsverhältnissen abzugrenzen, denen deutsche Staatsbürger vorübergehend oder auf Dauer unterworfen waren, wie etwa dem Reichsarbeitsdienst, einer Dienstverpflichtung in der Rüstungsindustrie oder dem Landjahr für Mädchen. Dieser Art der Arbeitsverpflichtung hatte zwar auch Zwangscharakter, die Lebensumstände und der rechtlich-soziale Rahmen waren jedoch für die Deutschen unvergleichbar besser als für die zeitgenössisch meist als "ausländische" oder "fremdvölkische Arbeitskräfte" (seltener auch als "Fremdarbeiter") bezeichneten Ausländer.

Da ausländische Kriegsgefangene häufig gegen die Vorschriften des Vökerrechts zur Arbeit eingesetzt wurden und zudem viele Kriegsgefangene zwangsweise in den Status von Zivilarbeitern überführt wurden, werden auch sie hier unter dem Begriff "Zwangsarbeiter" subsumiert.

Auch jüdische und nichtjüdische KZ-Häftlinge leisteten ab 1942 Zwangsarbeit in privaten und öffentlichen Unternehmen; und deutsche Juden wurden schon Ende 1938/Anfang 1939 in sog. Judenkolonnen zur Zwangsarbeit eingesetzt.

Die Reihenfolge der behandelten Nationalitäten in dieser Veröffentlichung folgt der Chronologie des Zwangsarbeitereinsatzes.
 

Zwang zur Arbeit

diskriminierende Sonderbestimmungen,
Arbeitseinsatz "fern der Heimat"*

"ausländische", "fremdvölkische Arbeitskräfte"

ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene
KZ-Häftlinge aller Nationalitäten
Deutsche Juden

* außer für die deutschen Juden


 
Literatur:

Historikerkommission der Republik Österreich, Zwangsarbeit in Österreich, Kurzinformation, o. J. [2000]

Mark Spoerer, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz, Stuttgart München 2001, S. 10-17; zusammenfassender Überblick
 


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