Polnische Kriegsgefangene

Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen wurden die polnischen Kriegsgefangenen zumeist nur wenige Tage nach ihrer Gefangennahme sofort zur Arbeit ins Reich gebracht und dort der Landwirtschaft eingesetzt. Doch galten für Kriegsgefangene besondere in den Augen der NS-Machthaber hinderliche Arbeitseinsatzbedingungen: Sie durften nicht in der Rüstungsindustrie eingesetzt werden, was mit fortschreitendem Krieg zunehmend ignoriert wurde, wurden praktisch nicht bezahlt und konnten wegen der Genfer Konvention nicht ohne weiteres zur Arbeit angetrieben werden. Da sie durch deutsches Militärpersonal zu bewachen waren, war der Einsatz von Kriegsgefangen zudem kosten- und personalintensiv und daher unwirtschaftlich. Die Nationalsozialisten sahen daher in der Überführung der polnischen Kriegsgefangenen in den Zivilarbeiterstatus eine bequeme Lösung, die völkerrechtlichen Schutzvorschriften zu umgehen. Da Polen als selbständiger Staat nicht mehr existiere, so die Begründung, könne es auch keine polnischen Kriegsgefangenen mehr geben. Mit Erlass vom 10. Juli 1940 ordnete der Reichsführer SS deshalb an, dass alle polnischen (nichtjüdischen) Kriegsgefangenen, so sie nicht für die Wehrmacht arbeiteten, freizulassen seien, "unter der Bedingung, dass jeder einzelne Kriegsgefangene sich schriftlich verpflichtete, bis zur endgültigen Entlassung durch das Arbeitsamt in die Heimat als Zivilarbeiter jede ihm vom Arbeitsamt zugewiesene Arbeit zu verrichten und seine Arbeitsstelle ohne Genehmigung des Arbeitsamtes oder der Polizei nicht zu verlassen." Damit waren die polnischen Kriegsgefangenen wie ihre nach Deutschland deportierten zivilen Kollegen zu unbefristeter Arbeit in Deutschland gezwungen und wie diese dem gleichen rassistisch-diskriminierenden Sonderrecht unterworfen.

Meldung des Arbeitsamts Göttingen vom 15.2.1940 über 350 auf den Landkreis Göttingen verteilte polnische Kriegsgefangene, die in der Landwirtschaft arbeiteten (Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 379)


Literatur:

Documenta Occupationis (hg. vom Instytut Zachodni Posnan), Band X: Praca Przymusowa Polaków Pod Panowaniem Hitlerowskim 1939-1945, Posnan 1976, S. 80 ff. (Zitat S. 81).

Spoerer, Mark, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kreigsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa 1939-1945, Stuttgart München 2001, S. 45.

 


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