Gaststätten, Restaurants, Cafés, Hotels

In allen hier auf einer Postkarte vom Anfang des Jahrhunderts abgebildeten beliebten Göttinger Ausflugslokalen - dem Kaiser-Wilhelm-Park, dem Hainholzhof und dem Rohns - arbeiteten Zwangsarbeiterinnen (private Postkartensammlung C. Tollmien).

Auch der aus einer Militärbäckerei des Siebenjährigen Krieges hervorgegangene Vergnügungs- und Tanzlokal gegenüber der Albanikirche gelegene Stadtpark, der sein auffälliges Aussehen durch vielerlei An-, Um- und Ausbauten erhalten hatte, kam nicht ohne osteuropäische Zwangsarbeiterinnen aus.

Seit Ende 1940 lassen sich in Göttingen einzelne polnische Zwangsarbeiterinnen als Helferinnen in den Göttinger Gaststätten nachweisen; insgesamt werden es schätzungsweise mindestens 70 Polinnen gewesen sein, die auf diese Weise nicht nur für die Versorgung, sondern auch für das Vergnügen der Göttinger sorgten. Einzelne von ihnen waren wohl dem in Polen ergangenen Aufruf vom Juli 1940 gefolgt, sich als Dienstmädchen nach Deutschland zu melden, und hatten zuvor in Göttinger Privathaushalten gearbeitet; manche wechselten auch umgekehrt nach einer Tätigkeit in einer Gaststätte in einen privaten Haushalt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass etwa die polnischen Zimmer- und Küchenhilfen in den Göttinger Gaststätten und Hotels alle mehr oder weniger freiwillig nach Deutschland kamen. In den Erinnerungen ehemaliger polnischer Zwangsarbeiterinnen, die im Göttinger Gastgewerbe arbeiteten, ist beispielsweise von Deportation nach einer Straßenrazzia die Rede, bei denen willkürlich jeder aufgegriffen wurde, der sich zufällig auf der Straße befand.
Nachweislich polnische Zwangsarbeiterinnen beschäftigten:
die Konditorei Cron & Lanz, Göttinges vornehmstes und erstes Café
das Stadtkaffee in der Goethe Allee 8,
die Pension Hartmann, Herzberger Landstraße 25,
der Rohns, offizielle Adresse: Herzberger Landstraße 115,
das Hotel zum Kronprinzen, Gronertorstraße 3,
die Stadtschänke in der Weender Straße (damals Straße der SA 39),
der Hainholzhof, offizielle Adresse: Borheckstraße 66,
die Maschmühle, Maschmühlenweg 62,
der Stadt Park am Albaniplatz (damals Adolf Hitler Platz 2),
das Deutsche Haus, Reinhäuser Landstraße 22,
der Deutsche Hof, Weender Straße (damals Straße der SA 72),
die Junkernschänke, Barfüßerstraße 5,
der Kaiser Wilhelm Park, offizielle Adresse: Bismarckstraße 119,
der Mittagstisch Kruse in der Barfüßerstraße 2,
der Frankfurter Hof, in der Kurzen Geismarstraße 3,
der Berliner Hof inder Weender Landstraße 43,
das Hotel Stadt Hannover in der Goethe Allee 21,
das Gasthaus Zur alten Börse, Reinhäuser Landstraße 18,
das Gasthaus Schwarzer Bär in der Kurzen Straße 12
das Haus der Deutschen Arbeitsfront in der Weender Straße (damals Straße der SA 63),
die Gaststätte Zum Sachsenroß, Lange Geismarstraße 44,
die Bahnhofsgaststätte,
das Café Lipfert in der Weender Straße (damals Straße der SA 32),
und das Hotel Krone in der Weender Straße (damals Straße der SA 13/15).

Siehe auch die Erinnerungen von ehemaligen polnischen Zwangsarbeiterinnen, die im Gaststättengewerbe arbeiten mussten.

Ab Februar/Mai 1941 waren vier Fläminnen bei Cron & Lanz beschäftigt, die aber freiwillig gekommen waren. Außerdem sind im Dezember 1941 und ab November 1943 je eine Flämin in der sog. Gemeinschaftsküche in der Geiststraße nachgewiesen, von denen zumindest letztere mit ziemlicher Sicherheit eine Zwangsarbeiterin war. Ab Februar 1945 arbeitete dann eine Belgierin als Küchenhilfe im Herkules Bräu (Weender Straße 19), die als Wallonin ausgewiesen und damit den französischen Zivilarbeiterinnen gleichgestellt war. Sie hatte zuvor in Pohle (Kreis Springe) gearbeitet. Nach den Erinnerungen einer ehemaligen "Ostarbeiterin" arbeiteten Belgier auch im Hotel Deutscher Hof.

Holländer, sowohl Männer wie auch Frauen arbeiteten seit April 1941 im Göttinger Gaststättengewerbe, kehrten allerdings bis Anfang 1943 nach ein bis anderthalb Jahren (in einigen Fällen auch schon nach einem halben Jahr) Arbeit in Göttingen wieder nach Hause zurück. So waren Niederländer in folgenden Göttingen Gastwirtschaften beschäftigt:
- im Deutschen Hof (ein Hoteldiener aus Den Haag von April 1941 bis Mai 1942),
- im Kaiser Wilhelm Park (KWP (zwei holländische Hausmädchen - Schwestern - ab April 1942, die allerdings im Mai 1942 beide in die Göttinger Universitätskliniken wechselten; ab Janaur 1943 beschäftigte der KWP einen holländischen Koch),
- in der Bahnhofsgaststätte (ab April 1942 bzw. ab August 1942 je einen holländischen Kellner, die beide jeweils nur ein halbes Jahr blieben),
- im Rheinischen Hof (ab Januar 1944 zwei holländische Kellner - Brüder -, die beide aus Kassel nach Göttingen gewechselt waren und beide im Juni wieder dorthin zurückgingen),
- in der Konditorei Lipfert in der Weender Straße (ab Mai 1944 ein holländisches Hausmädchen, das ab im April 1944 zur Phywe wechselte),
- im Deutschen Garten, Reinhäuser Landstraße 22 (ab Juli 1944 ein holländisches Hausmädchen),
- im Herkulesbräu, Weender Straße (ab Oktober 1944 eine holländische Küchenhilfe),
- im Theaterkeller (ab Janaur 1945 eine holländische Kellnerein, die zuvor in Northeim gearbeitet hatte),
- in der Gastwirtschaft zum Akademischen Viertel, Weender Straße (ab Janaur 1945 ein holländisches Dienstmädchen).

Ab Oktober 1941 arbeiteten in Göttinger Gaststätten auch Westukrainerinnen:
- im Stadtpark (ab Oktober 1941 eine Ukrainerin)
- im Thüringer Hof, Gartenstraße 21 b (bei Hopf) (ab November 1941 und ab Juni 1942 zwei Ukrainerinnen)
- in der Maschmühle (ab September 1942 eine Ukrainerin, die zuvor schon in der Landwirtschaft in Eddigehausen gearbeitet hatte und im Mai 1943 in die Bahnhofsgaststätte wechselte).

Im November 1941 sind in Göttingen die ersten (angeworbenen) Französinnen nachweisbar, die zunächst vor allem im Gaststättengewerbe arbeiteten. So waren Französinnen (zumeist, aber nicht immer mit einem befristeten Vertrag) beschäftigt
- in der Göttinger Bahnhofswirtschaft (zwei Französinnen von November 1941 bis November 1942),
- im Deutschen Garten in der Reinhäuser Landstraße 22 (eine Französin von Juli 1943 bis November 1943 mit einem Arbeitsvertrag mit unbestimmter Dauer, danach zur Reichsbahn und in deren Lager Grüngürtel und dann im Dezember, weil krank, zurück nach Frankreich),
- im Herkulesbräu in der Weender Straße (damals Straße der SA 57) (eine Französin als Küchenmädchen ab August 1943 bis Oktober 1944, danach neu vermittelt),
- beim Mittagstisch von Auguste Schröter in der Goßlerstraße 9 (eine Französin im Dezember 1944).

Auch männliche französische Zivilarbeiter arbeiteten im Gaststättengewerbe, so
- bei der Bahnhofswirtschaft (ein französischer Bäcker für einen Monat im Sommer 1943; er kam von Flakzeugamt der Wehrmacht und wurde danach nach Weende versetzt, eventuell in die Aluminiumwerke oder zu Schneider & Co),
- beim Kaiser-Wilhelm-Park (ein Franzosen von März bis Mai 1943, der danach wegen Krankheit nach Frankreich zurückkehrte, und ein Franzose als Kellner im Dezember 1944)
- im Ratskeller (ein Franzose als Kellner von März bis Juli 1943, der danach nach Frankreich zurückkehrte)
- Hotel zur Krone (zwei Franzosen als Kellner von April 1942, von denen einer im Februar 1944 aus einem Heimaturlaub nicht nach Göttingen zurückkehrte und der zweite im Dezember 1944).

Ab Februar 1942 arbeiteten Italiener als Kellner beispielsweise im
- Hofel zur Krone, Weender Straße (einer ab 27.2.1941 bis 4.1.1943, ein weiterer ab 17.4.1943 bis Dzeember 1944)
- im Stadtkaffee in der Goethe Allee (nur für zwei Wochen im April 1942)
- in der Bahnhofsgaststätte (nur für zwei Wochen im April 1942). Die Bahnhofsgaststätte erhielt außerdem Anfang November 1943 zwei Italienerinnen zugewiesen, die am 29. Oktober 1943 von der Stapo Göttingen aus der Haft entlassen worden waren. Beide waren zuvor in Ballenhausen gewesen und wechselten wenig später in die Kliniken.

"Ostarbeiter" (auch Männer) arbeiteten auchim Göttinger Gaststättengewerbe, das Gros der hauswirtschaftlichen "Ostarbeiterinnen" war in den Göttinger Haushalten eingesetzt. Eine Reihe der "Ostarbeiterinnen" im Göttinger Gaststättengewerbe, insbesondere diejenigen, die erst im Juli 1943 nach Göttingen kamen, stammten aus Weißrussland:
- im Frankfurter Hof, Kurze Geismarstraße 3 (eine Hausgehilfin ab August 1942),
- im Rohns (ein Hausbursche ab Oktober 1942, der im März 1944 nach Herberhausen versetzt wurde; eine Hausgehilfin ab Dezember 1942),
- in den Drei Lilien, Weender Straße (eine Hausgehilfin ab November 1942),
- im Burgraf, Rote Straße (eine Hausgehilfin ab November 1942),
- im Stadtpark (eine Hausgehilfin ab Dezember 1942, eine Hausgehilfin am Januar 1943, die im März 1943 zu Lipfert wechselte),
- in der Maschmühle (eine Hausgehilfin ab Januar 1943
- im Café Lipfert, Weender Straße (eine Hausgehilfin ab März 1943, die im Juli 1943 nach Roringen versetzt wurde),
- in der Bahnhofsgaststätte (eine Hausgehilfin ab Januar 1943),
- im Kaiser-Wilhelm-Park (eine Arbeiterin ab Januar 1943),
- im Hotel Deutscher Hof, Weender Straße (zwei Hausgehilfinnen ab Juli 1943),
- im Schwarzen Bär, Kurze Straße (ein Hausmädchen ab Juli 1943),
- im Hotel zur Krone, Weender Straße (eine Hausgehilfin ab Juli 1943)

Diese Auflistung beruht auf der Auswertung von etwas über 24 % der Einwohnermeldekarten, erhebt also keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Man kann wohl davon ausgehen, dass alle Göttinger Gaststätten, die ihren Betrieb während es Krieges weiterführten, dies nur mithilfe von Zwangsarbeiterinnen bewerkstelligen konnten.


Quellen:

Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnermelderegistratur.

Register Fremdenpässe angefangen 4.2.1942, Stadtarchiv Göttingen Acc. Nr. 1047/1991 Nr. 258 (Ordnungsamt), Einträge 4/1943, 273/1944, 342/1944, 354/1944.

Aufenthaltanzeigen von Ausländern, Stadtarchiv Göttingen Pol. Dir. Fach 124 Nr. 15 (alphabetische Ablage).

 


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