Holzverarbeitende Betriebe

Die beiden großen holzverarbeitenden Betriebe in Göttingen - die Holzwerke A. Vohl und Söhne im Maschmühlenweg 54 und die Firma Faserholz GmbH, die in der Baurat Gerber Sraße 18 ihr Büro hatte - hatten einen enormen Arbeitskräftebedarf und schon Ende 1942 einen so großen Bestand an Zwangsarbeitern, dass beide Betriebe diesbezüglich nur mit den Göttinger Rüstungsbetrieben vergleichbar sind. Vohl und Söhne war denn auch ein anerkannter Wehrwirtschaftsbetrieb, der unter anderem mit der Aufbereitung von Tankholz fest in der nationalsozialistische Mineralölprogramm eingebunden war. In einem Antrag für die Freistellung eines bei Vohl & Söhne beschäftigen Treckerfahrers vom Kriegsdienst vom 22. November 1943 charakterisierte sich der Betrieb denn auch "Als anerkannten Wehrwirtschaftsbetrieb, der in der Erlediung von kriegswichtigen Aufträgen, der Sonderstufe SS angehörig ist" und wies darauf hin, dass er Unterlieferant von ca 20 größeren Holz-Verarbeitungswerken sei, "die ihrersits aus den von uns erzeugten Halbfabrikaten wichtige Wehrmachts-Artikel herstellen" und hob noch zusätzlich hervor, dass es sich bei Vohl & Söhne um "eine der grössten und leistungsfähigsten Firmen in der Herstellung von Halbfabrikaten für Wehrmachtsgeräte in Südhannover" handele.

Nach einer Statistik des Ernährungsamtes vom November 1942 waren zu diesem Zeitpunkt bei Vohl & Söhne bereits 226 Zwangsarbeiter beschäftigt, die allerdings in der Statistik nicht nach Nationalitäten spezifiziert sind. Nach den erhaltenen Einwohnermeldekarten waren darunter aber auf jeden Fall Polen und Westukrainer und mit großer Sicherheit auch schon "Ostarbeiter".

Für die Faserholz GmbH liegt dagegen für den Mai 1943 eine genau spezifizierte Liste der dort beschäftigten Zwangsarbeiter vor. Danach waren zu diesem Zeitpunkt in der Firma 232 "Ausländer" beschäftigt, davon waren:
11 Slowaken ,
3 Italiener,
1 Belgier,
45 Holländer,
1 Bulgare,
56 Polen,
114 Ostarbeiter und
1 Grieche;
in nächster Zeit, so wurde angemerkt, sollten 18 weitere Slowaken eingestellt werden;
dazu kamen noch 10 ausländische Fahrer, davon waren:
2 Holländer,
1 Slowake und
7 Polen.

Dies ist natürlich nur eine Momentaufnahme, die Faserholz erhielt laufend neue Zwangsarbeiter. So kam etwa im Dezember 1944 ein holländischer Kraftfahrer zur Faserholz.

Aufstellung des Personalbestands der Faserholz GmbH Göttingen vom 7.5.1943

Die Unterbringung der Arbeiter bei Faserholz, die an ständig wechselnden Einsatzorten tätig waren, stieß auf große Schwierigkeiten. Im April 1943 plante die Firma deshalb Wohnwagen anzuschaffen. Aus einem Zeitzeugenbericht wissen wir, dass dieser Plan tatsächlich realisiert wurde.

Die Zwangsarbeiter von Vohl waren in einem betriebseigenen Lager im Maschmühlenweg 54 untergebracht. Dort waren nach einer Statistik vom August September 1944 26 "Ostarbeiter" und 8 Westukrainer untergebracht, wobei laut den vorliegenden Einwohnermeldekarten im November 1944 auch noch eine Gruppe von Polen, die zuvor in Euskirchen gearbeitet hatten, in das Lager Vohl eingewiesen wurde. Das Lager war im Februar 1942 schon einmal bei einer Kontrolle des Gesundheitsamtes negativ aufgefallen, weil die Toiletten eingefroren waren und das Lager unsauber und unordentlich war. Angeblich wurden nach dieser Kontrolle alle Probleme beseitigt.

Von einem der (West-)Ukrainer, die bei Vohl & Söhne arbeiteten, wissen wir, dass er im Juli 1943 aus einem Heimaturlaub nicht zu Vohl & Söhne zurückkehrt. Zuvor hatte Vohl & Söhne ihm im September 1942 einen Wochenurlaub nach Wolfenbüttel nicht genehmigt. Ein weiterer Ukrainer von Vohl & Söhne wurde im Oktober 1944 zur Wehrmacht eingezogen. Bei einem Bombenangriff am 9. Februar 1945, der den Güterbahnhof und auch das Aluminiumwerk und die Firma Sartorius traf, wurden zwei Ukrainer, die bei Vohl & Söhne arbeiteten, getötet.


Andere holzverarbeitende Betriebe:

  • Eine größere Gruppe von Zwangsarbeitern verschiedener Nationalitäten arbeitete bei den Möbelfabriken Reitemeier, die seit 1942 für die Wehrmacht und die Luftwaffe arbeitete.
  • Über das 1888 von Johannes Henkel gegründete Unternehmen Holz Henkel, das damals in Weende lag (heute Hannoversche Straße 41), haben wir nur wenige ungesicherte Informationen. Danach wurden der Firma am 8. September 1943 drei ausländische Arbeitskräfte nicht genannter Nationalität zugewiesen und ein Auftrag für zwei weitere vorgemerkt. Während die Firma im Mai 1943 noch ausreichend mit Arbeitskräften versorgt gewesen sein soll, klagte der Beauftragte für die Forst- und Holzwirtschaft im Kreis Göttingen in einem Schreiben an den Oberpräsidenten vom 4. Januar 1945 dann, dass Personal fehle, um um Holz aus dem noch gut gefüllten Lager der Firma zur Behebung der Bombenschäden in Göttingen an die Bedarfsstellen zu bringen. Konkrete Angaben über die Beschäftigung von ausländischen Zwangsarbeitern fehlen (die Zuweisung eines serbischen Arbeiters zu Henkel im Januar 1942 ist insofern unsicher, als es in Göttingen auch noch eine kleine Fabrik für chemisch-technische Erzeugnisse gleichen Namens gab, die ein Auslieferungslager in der Paulinerstraße hatte und der fragliche serbische Lagerarbeiter, der im übrigen im Juli 1942 nach Sattenhausen ging, in der Göttinger Innenstadt wohnte). Auch über ein Ausländerlager bei Henkel ist nichts bekannt. Doch ist es praktisch undenkbar, dass Holz Henkel seinen Betrieb ohne den über die drei genannten ausländischen Arbeitskräfte hinausgehenden Einsatz von Zwangsarbeitern hätte aufrechterhalten können.

    Kleinere holzverarbeitende Betriebe:

  • Die Bau- und Möbeltischlerei (und zugleich Beerdigungsunternehmen) Benstem in der Langen Geismarstraße beschäftige ab September 1942 und ab Mai 1943 jeweils einen serbischen Tischler. Der erste ging im Januar 1943 nach Berlin, der zweite hatte zuvor bei Bieling als Fotolaborant (vom 21.8.1942 bis 1.4.1943) gearbeitet und war dann vorrübergehend kurz bei Schneeweiß. Beide waren ehemalige Reichsbahnarbeiter: Der erste war aus dem Lager Weender Hof zu Benstem gekommen, der zweite aus dem Lager Adelebsen zu Bieling.
  • Die Holzhandlung von Böttchermeister Adolph Hopf, der in der Gartenstraße 21 b auch den Thüringer Hof betrieb, in dessen ersten Stock sich ein Holzfassbetrieb befand, stellte im Juli 1940 einen Antrag auf die Zuweisung von 4 französischen Kriegsgefangenen aus dem Lager Sültebeck, der vom Landesarbeitamt zurückgewiesen wurde, da im Stalag Fallingbostel eine Scharlachepedemie herrsche und Kriegsgefangene daher nicht zur Verfügung stünden. Einer Aktennotiz kann man aber entnehmen, dass der Holzhandlung vorrübergehend im September 1940 ein oder mehrere französische Kriegsgefangene aus dem Lager Lohberg zur Verfügung gestellt worden waren, die allerdings am 4. Oktober zurückgezogen wurden. Die Gefangenen hatten das Generatorholz für den Omnibusbetrieb des Betriebsamtes zerkleinert.
    Im Januar 1941 beschäftigte Hopf nachweislich mindestens zwei polnische Zwangsarbeiter und von Dezember 1941 und von Februar 1942 (bis Mai 1943) zwei Ukrainer. Ab Mai 1943 arbeitete auch ein Slowene aus dem Umsiedlungslager Rittmarshausen bei Hopf.

  • Die Göttinger Maschinentischlerei Knop und Hübener im Maschmühlenweg 45 stellte im Juli 1940 einen Antrag auf die Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht werden sollten. Obwohl der Antrag - weil alle Kriegsgefangenen zu diesem Zeitpunkt in die Landwirtschaft gehen sollten - zunächst abgelehnt wurde, taucht die Firma mit 18 weiteren Betrieben auf einer Genehmigungsliste vom 23. August 1940 mit den beantragten 2 französischen Kriegsgefangenen auf. Ob die Zuweisung allerdings zu diesem Zeitpunkt tatsächlich erfolgte, ist nicht gesichert und angesichts der Tatsache, dass das Lager Sültebeck statt der in dieser Aufstellung veranschlagten 250 Mann im September erstmals nur mit 122 Gefangenen belegt wurde, auch eher unwahrscheinlich.
  • Im Juli 1940 stellte die in Weende ansässige Tischlerei Karl Lange einen Antrag auf die Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht werden sollten. Er begründete seinen Antrag damit, dass er für die Hermann-Göring-Werke arbeite. Obwohl der Antrag - weil alle Kriegsgefangenen zu diesem Zeitpunkt in die Landwirtschaft gehen sollten - zunächst abgelehnt wurde, taucht die Firma mit 18 weiteren Betrieben auf einer Genehmigungsliste vom 23. August 1940 mit den beantragten 10 französischen Kriegsgefangenen auf. Ob die Zuweisung zu diesem Zeitpunkt allerdings tatsächlich erfolgte, ist nicht gesichert und angesichts der Tatsache, dass das Lager Sültebeck statt der in dieser Aufstellung veranschlagten 250 Mann im September erstmals nur mit 122 Gefangenen belegt wurde, auch eher unwahrscheinlich.
  • Die Bau- und Möbeltischlerei Schrader & Co in der Weender Landstraße 25 stellte im Juli 1940 einen Antrag auf die Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht werden sollten. Obwohl der Antrag - weil alle Kriegsgefangenen zu diesem Zeitpunkt in die Landwirtschaft gehen sollten - zunächst abgelehnt wurde, taucht die Firma mit 18 weiteren Betrieben auf einer Genehmigungsliste vom 23. August 1940 mit den beantragten 8 französischen Kriegsgefangenen auf. Ob die Zuweisung zu diesem Zeitpunkt allerdings tatsächlich erfolgte, ist nicht gesichert und angesichts der Tatsache, dass das Lager Sültebeck statt der in dieser Aufstellung veranschlagten 250 Mann im September erstmals nur mit 122 Gefangenen belegt wurde, auch eher unwahrscheinlich.

  • Quellen:

    Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnerregistratur.

    Vohl & Söhne an Forstamt Radolfshausen 10.3.1943, Vohl & Söhne an Oberpräs. 23.3.1943, Faserholz GmbH an Reichsforstamt 10.4.1943, Personalaufstellung Faserholz GmbH 7.5.1943, Forstamt an Forst- u. Holz-wirtschaftsamt beim Oberpräs. 7.5.1943, Faserholz GmbH an Beauftragen für die Forst- und Holzwirtschaft 8.5.1943, 26.6.1943, Vohl & Söhne an Wehrmacht 22.11.1943 Stadtarchiv Göttingen Forstamt 134.00c Az, o.P.

    Handschriftliche Statistik vom 16.11.1942-31.12. 1945, Stadtarchiv Göttingen Ernährungsamt Nr. 50, o.P.

    Lagerliste auf Anforderung der Gestapo vom 4.8.1944 und vom 6.9.1944, Stadtarchiv Göttingen Pol.Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 542-547.

    Kontrolle 5.2.1942 und Nachkontrolle 19.2.1942, Vohl und Söhne 23.9.1942, Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 449 f., Bl. 467.

    Liste der Toten des Fliegerangriffs vom 9.2.1945, NHStAH Hann 171 a Staatsanwaltschaft Göttingen Acc. 92/79 Nr. 13, Bl. 4 f.

    Aktennotizen 29.7.1940, 7.8.1940, Aufstellung 23.8.1940, Aktennotizen 24.8.1940, 28.8.1940, Ratssitzung 4.9.1940, Aktennotiz 16.10.1940, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 48, o.P.

    Arbeitsamt Göttingen an den Beauftragten für Holz- und Fortswirtschaft 8.9.1943, Forstamt an Forst- und Holzwirtschaftsamt 20.5.1943, der Beauftragte für die Forst- und Holzwirtschaft im Kreis Göttingen an den Oberpräsidenten 4.1.1945, Stadtarchiv Göttingen Forstamt 134.00c Az, o.P.

     


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