NS-Zwangsarbeit: Sonstige Lager auf Betriebsgelände / einzelne Baracken

Nicht aufgeführt sind hier die Kriegsgefangenenlager für französische und sowjetische Kriegsgefangene; dafür gibt es eine eigene Aufstellung hier.

Ebenfalls nicht aufgeführt sind die Klein- und Kleinstlager, die sich dadurch bildeten, dass Betriebe mehrere Zwangsarbeiter beschäftigten und diese im Betrieb selbst unterbrachten. Dies traf etwa für viele größere Höfe in Geismar zu, aber auch beispielsweise für die Ofensetzerei Metje oder die Opelautohallen, die Schmiede und Autowerkstatt Bielefeld oder auch auf das von Ernst Breyel betriebene Hotel Deutscher Hof, in dem gleichzeitig mindestens sechs Zwangsarbeiterinnen hauptsächlich aus Weißrussland, aber auch aus der Ukraine und aus Polen arbeiteten, die alle gemeinsam im zweiten Stock des Hotels untergebracht waren. Der Deutsche Hof beschäftigte außerdem auch noch Holländer und Belgier.

  • Die ersten Arbeiter aus Polen, die am 20. November 1939 nach Göttingen kamen, waren im Lagerhaus der Firma Keim untergebracht. Weil das Lager völlig verwanzt war, wurde auf dem Gelände im September 1942 eine neue Baracke aufgestellt. Ab Oktober 1943 waren bei Keim außerdem einzelne holländische Lager- und Gleisbauarbeiter aus Rotterdamm, Utrecht und Den Haag untergebracht, die für die Reichsbahn und/oder für Keim arbeiteten.
  • Seit Februar 1940 gab es in Geismar Nr. 65 eine sog. Polenkaserne, in der bis Ende des Krieges weit über 100 polnische Zwangsarbeiter, zum Teil ganze Familien mit Kindern und Säuglingen untergebracht waren, die in der Geismaraner Landwirtschaft, speziel auch für das Stadtgut von Egon Senger arbeiten mussten. Im Juli 1941 ergab eine Kontrolle durch das Gesundheitsamt haarsträubende hygienische Verhältnisse, die wegen der Infektionsgefahr das Gesundheitsamt sogar zur Androhung eines Zwangsgeldes bewogen. Über die erfolgte Abstellung der gesundheitsgefährdenden Zustände in der "Polenkaserne" geben die Akten keine Auskunft.
  • Die polnischen Zwangsarbeiter auf dem Klostergut in Weende waren in der sog. Leutekaserne untergebracht. Dort wurde in einer Nachkriegsaufstellung auch ein "größerer Kräftebestand" von "Ostarbeitern" registriert.
  • Die Reichsbahn richtete im Juli 1940 eine "Wohnbaracke" an der Güterbahnhofstraße 9 ein, die zunächst mit Tschechen, ab spätestens April 1941 dann mit Polen und (West-)Ukrainern belegt war. Auch einzelne Rumänen brachte die Reichsbahn zeitweise dort unter und ab September 1944 auch eine Gruppe von Litauern (darunter auch Frauen). Eine weitere Baracke der Reichsbahn befand sich in der Liebrechtstraße, in der im August 1944 Tschechen (30), (West-)Ukrainer (12) und Holländer (7) und einer handschriftlichen Notiz zu Folge auch "Ostarbeiter" untergebracht waren. Zeitzeugenaussagen legen nahe, dass die Baracke vor der Einrichtung des Lagers Masch vorrübergehend auch zur Unterbringung von größeren Transporten von "Ostarbeitern" diente und vielleicht auch aus diesem Grund aufgestellt worden war, so dass die Belegung mit Zwangsarbeitern aus anderen Ländern erst nach der Fertigstellung der großen "Ostarbeiterlager" der Reichsbahn erfolgte. Einzelne westukrainische Zwangsarbeiter brachte die Reichsbahn auch in der Himmelsbreite 8 d bei dem Tischer Julius Becker unter. Unter der Anschrift Himmelsbreite verbarg sich in Göttingen ein ehemaliges Kriegsgefangenen Lager aus dem Ersten Weltkrieg, dessen Baracken inzwischen bewohnt waren und bis in den 1960er Jahre als Wohnsiedlung Ebertal in Göttingen existierten.
  • Die flämischen Umschüler, die 1941/42 von der Feinhand in Göttingen (einem Zusammenschluss der Göttinger feinmechanischen Betriebe) für einen Einsatz für die Junkerswerke in Schönebeck ausgebildet wurden, waren von Mai 1941 bis März 1942 in einer Villa der Heil- und Pflegeanstalt im Rosdorfer Weg 70 untergebracht.
  • 1942 begannen verschiedene Göttinger Firmen, einzelne Baracken auf ihrem Firmengelände aufzustellen oder vorhandene Gebäude für die Unterbringung von Zwangsarbeitern zu nutzen, so etwa die Wäscherei Schneeweiß für ihre Zwangsarbeiterinnen aus Charkow (später waren in dem Lager auch Polinnen und Zwangsarbeiter anderer Nationalitäten untergebracht) oder auch das Textilunternehmen Schöneis, das im April 1942 in der Groner Landstraße 55 eine Baracke (Normalbaracke des Reichsarbeitsdienstes Typ RL IV/3) ebenfalls für „Ostarbeiterinnen“ errichtete, die ab August 1943 von der Firma Winkel für in Zivilarbeiter umgewandelte ehemalige kriegsgefangene Franzosen ("Transformation") genutzt wurde. Auch die Göttinger Leinenweberei errichtete spätestens 1942 eine Baracke auf dem Gelände der Stegemühle, in der Ostarbeiterinnen untergebracht waren. Die Konservenfabrik Hillebrand beschäftigte seit dem Frühsommer 1942 Ostarbeiterinnen und später auch Polinnen, die in einer Baracke auf dem Firmengelände untergebracht waren. Das Lager firmierte offiziell unter der Bezeichnung "Göko-Lager".
  • Spätestens seit 1942 befand sich auf dem Firmengelände der Firma Reitemeier in Rosdorf ein Zwangsarbeiterlager (Baracken, Magazingebäude), in dem französische und belgische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter und sowjetische Kriegsgefangene untergebracht waren. Die "Ostarbeiterinnen" der Firma waren in Baracken, die man in einer ehemaligen Lehmgrube aufgestellt hatte (heute das Gelände des Autohauses Evertz), untergebracht (Lager Lehmkuhle).
  • Spätestens seit Februar 1942 befand sich ein Lager für Polen, Westukrainer und "Ostarbeiter" auf dem Gelände der Firma Vohl & Söhne im Maschmühlenweg 54.
  • 1942 war der Neubau der Optischen Werke Josef Schneider & Co in Weende an der Artilleriestraße bezugsfertig: Dies war verbunden mit der Einrichtung eines firmeneigenen Lagers, in dem nach einer offiziellen Meldung vom September 1944 Italiener, Belgier (Flamen und Wallonen) und Tschechen untergebracht waren. Auch für Ostarbeiterinnen gab es nach einer Angabe vom Dezember 1944 dort eine Baracke. Auf dem Lagergelände befand sich auch eine Baracke für französische Kriegsgefangene, in der nach einer Nachkriegsangabe 50 Gefangene untergebracht waren.
  • Sommer 1942: Bis das Lager Schützenplatz im Oktober 1942 bezugsfertig war unterhielt die Phywe eine eigene Baracke für "Ostarbeiterinnen" auf dem Firmengelände.
  • Sommer 1942: Die Göttinger Universitätskliniken nutzten für ihre ZwangsarbeiterInnen verschiedene Unterkünfte auf Klinikgelände.
  • Spätestens ab September 1942 hatte die Firma Grotefend in Göttingen (Bahnhofstraße 1) "Ostarbeiterinnen" in fabrikeigenen Räumen untergebracht.
  • Zwischen Dezember 1942 und längstens Januar 1944 nutzte die Firma Winkel ein Lager auf dem ehemals der jüdischen Kaufmannsfamilie Hahn gehörenden Gelände in der Weender Landstraße 59 für eine Gruppe von ca 30 wallonischen Umschülern, die spätestens ab Januar 1944 in die Schöneisbaracke wechselten.
  • Die Firma Feinprüf nutzte seit Dezember 1942 das von der Gemeinde gemietete Gemeindehaus der Albanikirche zur Unterbringung von französischen Zivilarbeitern. Eckart Schörle hat die Geschichte dieses Mietvertrags rekonstruiert.
  • Einige der französischen Arbeiter und vorrübergehend auch die italienischen Arbeiter bei Feinprüf waren im Lager Hospitalstraße 1 untergebracht, in dem die Stadt zuvor ein Jugendheim und eine Jugendherberge betrieben hatte. In einer handschriftlichen Lagerliste aus dem Jahre 1944 (Liste auf Anforderung der Gestapo vom 4.8.1944, Stadtarchiv Göttingen Pol. Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 542) wird ebenso wie in einer nach dem Krieg vom belgischen Suchdienst durchgeführten Lageraufnahme fälschlich als Adresse für dieses Lager die Hospitalstraße 1 a angegeben, bei der es sich aber um ein Privathaus handelte. Die zusätzliche Angabe "1 Zimmer im Jugendheim" ist dagegen eindeutig. Außerdem ist auf einigen Einwohnermeldekarten eindeutig Hospitalstraße 1 vermerkt. Wahrscheinlich handelt es sich in den genannten Lagerlisten um eine Verwechslung mit dem Albanikirchhof 1 a, der offiziellen Adresse für das Gemeindehaus, das ebenfalls von Feinprüf genutzt wurde. Nach der belgischen Lageraufnahme sollen im Jugendheim nur fünf Franzosen untergebracht gewesen sein. Doch sollen im September 1944 auch "62 Ukrainer" im Lager Hospitalstraße untergebracht gewesen sein, was aber aufgrund der Tatsache, dass dort nur ein Zimmer genutzt wurde, mehr als unwahrscheinlich ist. Wahrscheinlich handelte es sich bei diesem Zusatz auf der entsprechenden Lagerliste nur um eine Notiz über anderweitig, wahrscheinlich im Lager Schützenplatz, untergebrachte Ostarbeiter, die auch bei Feinprüf arbeiteten.
  • Die Wehrmacht unterhielt neben den Kriegsgefangenenlagern in Göttingen nicht nur das große Lager für zivile Zwangsarbeiter auf dem Egelsberg, sondern hatte kleiner Gruppen von Zwangsarbeitern auch im Heeresverpflegungsamt, im Feldbekleidungsamt und im Heeresnebenzeugamt untergebracht.
  • Im Januar 1943 wurde auf dem Grundstück der Groner Landstraße 11, das rückwärtig bis zum Hasengraben reichte, eine Reichsarbeitsdienstbaracke Typ RL IV/4, der bevorzugte Typ für Zwangsarbeiterbaracken, für die ukrainischen und polnischen Zwangsarbeiter der Göttinger Kohlenhändler aufgestellt. Diese waren zuvor im Saal Dietzel (Angerstraße 3 b) untergebracht gewesen, der Ende 1942 wegen unhaltbarer hygienischer Zustände geschlossen worden war. Offizielle Bezeichnung des neuen Lagers war "Hasengraben 22".
  • Nach einer nach dem Krieg erfolgten Lageraufnahme des belgischen Suchdienstes unterhielt die Firma Drege seit einem nicht bekannten Zeitpunkt (wahrscheinlich ab spätestens Januar 1943) auf ihrem Betriebsgelände ein Lager (eine Holzbaracke), in dem 11 Tschechen untergebracht waren.
  • Ab Oktober 1943 brachte die Briefordnerfabrik Mehle eine Gruppe von Italienern auf dem Firmengelände unter.
  • Spätestens seit August 1944, wahrscheinlich aber schon seit Spätsommer oder Herbst 1942, befand sich ein Lager für Franzosen und für Ostarbeiter auf dem Firmengelände der Firma Rube in Weende. Das Lager war nach Zeitzeugenaussagen in einer ehemaligen Traktorengarage eingerichtet worden, enthielt eine Kochgelegenheit und war beheizt und mit einer Turbine konnte warmes Wasser erzeugt werden.
  • Seit August 1944 waren "Ostarbeiterinnen" in einem Kellerraum in den Betriebsgebäuden von Spindler & Hoyer untergebracht.
  • Die Metallwarenfabrik Hermann Boie unterhielt seit einem nicht genau bekannten Zeitpunkt ein eigenes Lager für etwa 30 "Ostarbeiter" auf dem Firmengelände.

  • Quellen:

    Lageraufnahme Belgischer Suchdienst 1949, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv Film 3, Nr. 1466, 1460, 1487.

    Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnermelderegistratur. Betriebsdatei Winkel, Stadtarchiv Göttingen, kleine Erwerbung Nr. 192.

    Lageplan 28.4.1942 Baracke Groner Landstraße 55, Stadtarchiv Göttingen Baupolizei XX B Fach 112 Nr. 391 Bd. 1, o.P.

    Pläne Baracke Hasengraben 9.10.1942 bis 29.6.1943, Stadtarchiv Göttingen, Baupolizei XX B Fach 112 Nr. 68, o.P.

    Zeitzeugenaussagen Westukrainer, Stadtarchiv Göttingen Sa. 32 - Sammlung Tollmien.

    Lagerlisten Göttingen o.D. (an Gestapo am 4.8.1944 und am 6.9.1944), Stadtarchiv Göttingen Pol.Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 541-546; Liste aller Fabriken in Göttingen, o.D. [1945], ebenda, Abt. I Fach 2 Nr. 35, o.P.

    Lager von Kriegsgefangenen ausländischer Zivilarbeier im Landkreis Göttingen 21.4.1945, Stadtarchiv Göttingen AHR I A Fach 48 Nr. 3, Bl. 122.

    Lageraufnahme Belgischer Suchdienst 1949, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv, Film 3, Nr. 1459, 1462.  


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